„Typenfotografie“

Das Phänomen der Darstellungen von sog. „Volkstypen“ hängt mit dem Aufkommen nationalistischer Strömungen im Europa des 18. Jahrhunderts zusammen. Ende des 19. Jahrhunderts erreichte es einen Höhepunkt, als vor allem fotografische Reproduktionstechniken dafür sorgten, dass solche Bilder massenweise produziert und vertrieben wurden. Z.B. als Postkarten, in Zeitungen  oder als Sammelbildchen, die verschiedenen Konsumgütern beigelegt wurden. In der Sammlung des Rom e.V. befinden sich insbesondere zahlreiche Ansichtskarten mit solchen Motiven. 

Typenfotografien sind formal oft wie ein Porträt aufgebaut

Diese Abbildungen inszenieren scheinbar typische Merkmale von ethnischen Gruppen anhand des äußerlichen Erscheinungsbilds oder bestimmter Tätigkeiten. Typenfotografien sind formal oft wie ein Porträt aufgebaut oder sie zeigen „Szenen“, z.B. auf der Straße oder bei einer bestimmten alltäglichen Handlung (der Arbeit, des sozialen Lebens oder eines konstruiertendes Brauchtums).

Sie stellen meist namenlose Personen dar, die als Motive wandern und mit neuen Bezeichnungen versehen werden können. Zu diesen zählen Angaben zum angeblichen Ort der Aufnahme (z.B.: „Balkan Typen – drei türkische Schönheiten“, „Grüße aus Rumänien – Zigeuner-Typen“, usw.).

Typenfotografie war mit kolonialen und rassistischen Weltbildern verknüpft

Dies kann als kommerzielle Verkaufsabsicht für ein touristisches Publikum interpretiert werden, insbesondere, wenn es sich um Ansichtskarten handelt. Aufnahmen von „Volkstypen“ zirkulierten aber auch in wissenschaftlichen und journalistischen Kontexten und dienten dazu, vermeintliche Volksgruppen, wie Rom:nja und Sint:ize, zu definieren und von anderen zu unterscheiden. Im 19. Jahrhundert und darüber hinaus waren sie unmittelbar mit kolonialen und rassistischen Weltbildern verknüpft. Denn je nach Absicht, suggerieren diese Bilder durch regionale, ethnische oder nationale Bezeichnungen entweder Homogenität oder Differenz, Zugehörigkeit oder Fremdheit.