Ansichtskarten

Der Rom e.V. verfügt über ca. 3500 Ansichtskarten. Unter dem Wort Ansichtskarte versteht man eine Postkarte, die ein oder mehrere Bilder auf der Vorderseite hat. Manchmal spricht man dann auch von Bildpostkarten. Dieses Sammlungsgebiet im Rom e.V.  ist abgeschlossen. Das bedeutet, dass der Verein nicht länger aktiv daran arbeitet, den Bestand der Ansichtskarten zu erweitern. Ziel war es, durch die Sammlung der Ansichtskarten (genauso wie durch die Druckgrafiken aus Illustrierten Zeitschriften) den Rassismus gegen Rom:nja, Sinti:ze und assoziierten Personengruppen zu dokumentieren. 

Ansichtskarten wurden früher sehr häufig genutzt

Ansichtskarten sind ein verhältnismäßig junges Medium: Die erste Ansichtskarte wurde am 16. Juli 1870 gedruckt. Auf der Vorderseite hatte sie ein Bild, die Rückseite war nur der Adresse gewidmet. Ganz am Anfang war es verboten, einen Text auf die Rückseite zu schreiben. Eine kurze Mitteilung konnte in oder neben das Bild auf der Vorderseite geschrieben werden. Die Unterteilung in Text- und Adressfeld erfolgte erst später, als die Ansichtskarte sehr häufig benutzt wurde. Das führte dazu, dass die Ansichtskarte noch beliebter wurde. [1]

Lutz lag mit seiner Einschätzung richtig: Im Jahr 1900 wurden etwa 500 Millionen Ansichtskarten allein im damaligen Deutschland gekauft und verschickt. Die Bilder werden ständig wiederholt. Ähnliche Motive schaffen und verfestigen ein Bildgedächtnis. Es entsteht eine gemeinsame Vorstellungen davon, wie Realitäten aussehen. Mit diesen Vorstellungen sind Rom:nja und Sinti:ze bis in die Gegenwart konfrontiert. 

Sammlungsschwerpunkt des ROM e.V.

Der Sammlungsschwerpunkt der Ansichtskarten im Rom e.V. liegt auf fotografischen Darstellungen von Menschen, die als „fremd“ gesehen und bezeichnet wurden. Ein großer Teil der Sammlung wurde während des Ersten Weltkrieges produziert. 

Die Bildproduktion verlief unterschiedlich: Fotografische Aufnahmen werden in Studios oder unterwegs hergestellt. Wir wissen meistens weder wer die Fotograf:innen waren, noch in welchen Kontexten das Bild hergestellt wurde. Auch wissen wir nicht, wer die abgebildeten Personen sind.  Die Fotografien wurden zwischen verschiedenen Ansichtskarten-Verlagen verkauft und gehandelt. Ein einziges Bild kann in der gleichen Zeit in verschiedenen Verlagen und Kontexten auftauchen. 

Manchmal wird das Bild bearbeitet – es wird etwas hinzugefügt oder der Titel verändert. Manchmal ändern sich die angeblichen Orte der Herstellung. Bilder von den gleichen Personen werden verschiedenen Bedeutungen zugeordnet. So ist z.B. ein Junge ist mal Schuhputzer, mal ein Bettler, mal ein Verkäufer, … 

Rom e.V. hinterfragt Bilder kritisch

Bilder, müssen immer kritisch hinterfragt werden. Das trifft besonders die Ansichtskarten im Rom e.V. zu. Die Ansichtskarten und ihre Betitelungen zeigen Menschen, denen rassistische Fremdbezeichnungen übergestülpt wurden. Diese Ansichtsarten trugen so dazu bei, die abgebildeten Menschen nicht als Individuen wahrzunehmen. Sie haben also auch dazu beigetragen, einen fremden Blick zu verfestigen. 


[1] Lutz, Rudolf (1900): Entstehung und Entwicklung  der Ansichtskarte u. des Sammelns derselben. Ein Beitrag zur Ansichtskartensammelkunde, in: Centralblatt für Ansichtskarten-Sammler6, S. 78-79.